7. Dezember 2023

CRISPR möglich machen, Nachhaltigkeit voranbringen: Unsere Rückmeldung an die EU-Kommission

Neue genomische Techniken (NGT), wie CRISPR, sollten so reguliert werden, dass sie endlich auch in der EU unsere Landwirtschaft nachhaltiger machen können. Ein Teil der Rahmenbedingungen, die dafür geschaffen werden müssen, ist eine Anpassung der EU-Gentechnikrechts. Wir haben uns deshalb mit einer Rückmeldung an die EU-Kommission gewandt.

Bild: Christian Kaiser

Mit unserer Initiative „Progressive Agrarwende“ setzen wir uns schon seit Längerem dafür ein, dass beim Einsatz von neuen Technologie eine evidenzbasierte Bewertung durch unabhängige Wissenschaft stattfindet: sind Risiken zu erwarten und welches Potenzial für mehr Nachhaltigkeit besteht? Im Falle der neuen Methoden zur präziseren Pflanzenzüchtung rund um CRISPR ist die Bewertung der Wissenschaft eindeutig ausgefallen. Es sind im Vergleich zu bisherigen Methoden keine erhöhten Risiken zu erwarten und gleichzeitig bieten sich vielfältige Möglichkeiten für ein nachhaltigeres Ernährungssystem. Unter anderem im Rahmen der „Give Genes a Chance„-Kampagne engagieren wir uns deshalb gemeinsam mit vielen Wissenschaftler*innen für eine neue Regulierung, welche die neuen Methoden aus den strengen Richtlinien des Gentechnikrechts ausnimmt. Diese Stellungnahme haben wir im Rahmen des Konsultationsprozesses der Europäischen Kommission öffentlich eingereicht:

„Wir begrüßen den Entwurf der Europäischen Kommission zur Regulierung Neuer Genomischer Verfahren (NGTs) in der Pflanzenzüchtung. In Zeiten des Klimawandels und den damit einhergehenden Veränderungen der Umweltbedingungen ist eine schnelle Anpassung von Kulturpflanzen an neue biotische und abiotische Faktoren essentiell für die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung. Pflanzenzüchtung spielt dabei eine Schlüsselrolle, um schneller als bislang standortangepasste, widerstandsfähige Sorten unserer Kulturpflanzen zu entwickeln, sowie deren Inhaltsstoffe zu verbessern. Zu den Potentialen der NGTs gehört insbesondere die Nutzbarmachung von Resistenzeigenschaften der Pflanzen gegenüber (neuen) Schaderregern. Durch widerstandsfähigere Nutzpflanzen kann die Menge an verwendeten Pflanzenschutzmitteln bedeutend gesenkt werden, sodass Ziele der Farm-to-Fork-Strategie, wie die Reduktion der Pflanzenschutzmittelausbringung, in kürzerer Zeit erreicht werden könnten. Für all diese Ziele können NGTs die klassische Pflanzenzüchtung sinnvoll ergänzen und so einen Beitrag leisten, sie schneller und einfacher zu erreichen, als es ohne sie möglich wäre. Deshalb befürworten wir den Vorschlag der EU-Kommission, der viele Hinweise von Wissenschaftsorganisationen zur evidenzbasierten Regulierung der NGTs aufgenommen hat. Sinnvoll finden wir, dass NGT-Pflanzen der Kategorie 1 mit konventionell gezüchteten Pflanzen weitgehend gleichgestellt werden sollen, sowohl wenn sie durch gezielte Mutagenese oder durch Cisgenese gezüchtet wurden. Da die genetischen Veränderungen durch Genomeditierung oder Cisgenese der Kategorie 1 in Art und Wirkung identisch mit jenen sind, die auch durch klassische Züchtung oder ungerichtete Mutagenese hervorgerufen werden können, ist es konsequent, sie auch bezüglich Kennzeichnung mit klassisch gezüchteten Sorten weitgehend gleichzustellen. Durch den Vermerk in den Sortenkatalogen bleibt dennoch die Wahlfreiheit für alle jene erhalten, die keine NGT-Sorten nutzen möchten. Dies gewährleistet auch die Koexistenz unterschiedlicher Landwirtschaftsformen mit und ohne NGT-Pflanzen. Zu unklar ist bisher jedoch die Definition der NGT-Kategorie 2, wenngleich wir es begrüßen, dass hier bei der Zulassung ein größerer Schwerpunkt auf die konkreten Eigenschaften der Pflanzen gelegt werden soll und es besondere Anreize zur Züchtung von Pflanzen geben soll, die einen besonderen Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele leisten. Nachbesserungsbedarf sehen wir außerdem bei der Begrenzung der Anzahl der genomischen Eingriffe auf 20 Änderungen in Kategorie 1: Angesichts der hohen Ploidiegrade und somit der Anzahl vorhandener Genkopien vieler Nutzpflanzen sowie wachsender Herausforderungen bei der Pflanzenzüchtung, erscheint diese Zahl schwierig. Sollte ein Grenzwert wie bspw. 20 Änderungen erhalten bleiben, so müssten zumindest homoeologe Gene (bspw. die Kopien eines bestimmten Gens in einer Getreideart) als eine Änderung zählen bzw. müssten sich die 20 Änderungen auf den haploiden Chromosomensatz beziehen. Hier sollte der Entwurf auf wissenschaftlicher Basis konkretisiert werden. Auch den Ausschluss der Technologien aus der Öko-Landwirtschaft sehen wir kritisch. Es sollte prinzipiell den Ökoverbänden ermöglicht sein, auf neue Technologien zurückzugreifen, da vor allem die ökologische Landwirtschaft von neuen, widerstandsfähigeren Sorten profitieren kann. Die einzelnen Öko-Verbände können die Nutzung dann auf Grundlage ihrer Satzungen ausschließen. Hier ist eine EU-Regelung unseres Erachtens nicht notwendig oder zielführend. Insgesamt sehen wir den Entwurf als einen sinnvollen und dringend notwendigen Schritt zu einer wissenschaftsbasierten Regulierung von NGT-Pflanzen in der EU und als einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltigere Landwirtschaft.“

Hier geht es zur offiziell eingereichten Rückmeldung auf den Seiten der EU-Kommission.

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