Austernpilze: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Austern-Seitling (Pleurotus ostreatus) zählt zur Familie der Seitlingsverwandten und zählt zu den drei wichtigsten Speisepilzen, neben Shiitake und Champignongs.
 
Der Austern-Seitling (Pleurotus ostreatus) zählt zur Familie der Seitlingsverwandten und zählt zu den drei wichtigsten Speisepilzen, neben Shiitake und Champignongs.
 
Als Schwächeparasit kann man ihn im Herbst in heimischen Wäldern sammeln und genießen, aber auch in den eigenen vier Wänden ist seine Kultivierung unkompliziert.  
 
Als Schwächeparasit kann man ihn im Herbst in heimischen Wäldern sammeln und genießen, aber auch in den eigenen vier Wänden ist seine Kultivierung unkompliziert.  
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Der außerordentliche Geschmack bringt Feinschmecker:innen ins schwärmen. Obwohl die Fruchtkörper natürlich vegan sind, erinnert die Konsistenz, aber vor allem der Geschmack selbst, an zärtlichstes Kalbfleisch. Nicht umsonst trägt dieser Pilz unter Kennern auch den Namen "Kalbfleischpilz".
  
 
==== Kultivierung ====
 
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Um Körnerbrut herzustellen nutze ich Weizenkörner, da ich diese am einfachsten beziehen kann. Über Nacht weiche ich diese in Wasser ein, spüle die Körner in einem Sieb am nächsten Morgen ab und koche anschließend die Weizenkörner im Wasser. Eher aus nostalgischen Gründen füge ich einen Teelöffel Gips hinzu und Rühre ab und an die kochende Brut im Topf. Ist das Wasser verkocht und beginnen die Körner im Topf zu "knistern", nehme ich ihn vom Herd und fülle die noch heißen Körner in einen Druckverschlussbeutel. Diesen verschließe ich möglichst luftarm und lasse die Körner darin auskühlen. Sobald die Körner Zimmertemperatur erreicht haben, werden sie nun mit älterer Körnerbrut beimpft und werden an einem dunklen und warmen Ort gelagert, bis die neue Körnerbrut durchwachsen und einsatzbereit ist.
 
Um Körnerbrut herzustellen nutze ich Weizenkörner, da ich diese am einfachsten beziehen kann. Über Nacht weiche ich diese in Wasser ein, spüle die Körner in einem Sieb am nächsten Morgen ab und koche anschließend die Weizenkörner im Wasser. Eher aus nostalgischen Gründen füge ich einen Teelöffel Gips hinzu und Rühre ab und an die kochende Brut im Topf. Ist das Wasser verkocht und beginnen die Körner im Topf zu "knistern", nehme ich ihn vom Herd und fülle die noch heißen Körner in einen Druckverschlussbeutel. Diesen verschließe ich möglichst luftarm und lasse die Körner darin auskühlen. Sobald die Körner Zimmertemperatur erreicht haben, werden sie nun mit älterer Körnerbrut beimpft und werden an einem dunklen und warmen Ort gelagert, bis die neue Körnerbrut durchwachsen und einsatzbereit ist.
  
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===== Substrat =====
 
Der Austern-Seitling ist recht anspruchslos. Durch seine Fähigkeit Lignin, Cellulose und Hemicellulose aufzupsalten und als Nahrungsgrundlage nutzen zu können, wächst er auch auf alten (Laub-)Holzstämmen, wobei es dort deutlich länger dauert ehe dieser Fruchtkörper ausbildet.  
 
Der Austern-Seitling ist recht anspruchslos. Durch seine Fähigkeit Lignin, Cellulose und Hemicellulose aufzupsalten und als Nahrungsgrundlage nutzen zu können, wächst er auch auf alten (Laub-)Holzstämmen, wobei es dort deutlich länger dauert ehe dieser Fruchtkörper ausbildet.  
  
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Auch hier wird ab und an das Myzel zugegeben und die Pappe so geimpft.  
 
Auch hier wird ab und an das Myzel zugegeben und die Pappe so geimpft.  
  
====== Wachstum und Ernte ======
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===== Wachstum und Ernte =====
 
Wurde der Beutel nun so vorbereitet, legt man diesen am Besten an einen möglichst dunklen, aber warmen Ort ab, bis das Myzel das Stroh durchwachsen hat. Die Pilzstämme, die im Handel erhältlich sind, sind in der Regel nicht mehr auf einen Kältereiz angewiesen um zu fruktifizieren. Hat das Myzel das Substrat also durchwachsen und sind keine Kontaminationen erkennbar, öffnet man den Beutel an einer Stelle mit einem scharfen und desinfizierten Messer, sodass Luft an das Substrat gelangen kann. Alternativ kann auch das Micropore-Tape gelöst und der Schlitz etwas vergrößert werden. Wichtig ist nun, für eine Frischluftzufuhr und Belichtung zu sorgen und gleichzeitig eine hohe Luftfeuchtigkeit zu halten.  Je nach Beutelgröße eignet sich dafür ein Zimmergewächshaus, in dessen Boden man die Tüte mit der Öffnung, aus der die Fruchtkörper wachsen sollen, nach oben oder zur Seite legt bzw. stellt. Der durchsichtige Deckel wird von innen mit Wasser eingesprüht und dies möglichst oft am Tag. Unterstützend kann sich auch etwas Wasser im Boden des Gewächshauses befinden, welches durch den Beutel vom Pilzsubstrat getrennt ist. Da der Pilz während seines Wachstums Kohlenstoffdioxid produziert und dieses nun über die Öffnung in den Raum gelangt, ist es wichtig, dass die Öffnung oberhalb des Randes des Bodens des Zimmergewächshauses ist, sodass die Fruchtkörper möglichst wenig mit dem Kohlendioxid, welches schwerer ist als Luft, in Berührung kommt.  
 
Wurde der Beutel nun so vorbereitet, legt man diesen am Besten an einen möglichst dunklen, aber warmen Ort ab, bis das Myzel das Stroh durchwachsen hat. Die Pilzstämme, die im Handel erhältlich sind, sind in der Regel nicht mehr auf einen Kältereiz angewiesen um zu fruktifizieren. Hat das Myzel das Substrat also durchwachsen und sind keine Kontaminationen erkennbar, öffnet man den Beutel an einer Stelle mit einem scharfen und desinfizierten Messer, sodass Luft an das Substrat gelangen kann. Alternativ kann auch das Micropore-Tape gelöst und der Schlitz etwas vergrößert werden. Wichtig ist nun, für eine Frischluftzufuhr und Belichtung zu sorgen und gleichzeitig eine hohe Luftfeuchtigkeit zu halten.  Je nach Beutelgröße eignet sich dafür ein Zimmergewächshaus, in dessen Boden man die Tüte mit der Öffnung, aus der die Fruchtkörper wachsen sollen, nach oben oder zur Seite legt bzw. stellt. Der durchsichtige Deckel wird von innen mit Wasser eingesprüht und dies möglichst oft am Tag. Unterstützend kann sich auch etwas Wasser im Boden des Gewächshauses befinden, welches durch den Beutel vom Pilzsubstrat getrennt ist. Da der Pilz während seines Wachstums Kohlenstoffdioxid produziert und dieses nun über die Öffnung in den Raum gelangt, ist es wichtig, dass die Öffnung oberhalb des Randes des Bodens des Zimmergewächshauses ist, sodass die Fruchtkörper möglichst wenig mit dem Kohlendioxid, welches schwerer ist als Luft, in Berührung kommt.  
  
 
Nach einiger Zeit bilden sich die ersten Büschel, die auf Fruchtkörper schließen lassen. Von nun an beschleunigt sich das Wachstum der Fruchtkörper, wodurch man die beeindruckenden Fruchtkörper gut beobachten kann. Nach wenigen Tagen sind sie auch schon erntereif, wenn sich die Ränder der Häubchen leicht nach oben beugen. Geerntet werden sie in Büscheln, indem man sie leicht drehend oder ziehend vom Subtrat trennt und nun essen kann.  
 
Nach einiger Zeit bilden sich die ersten Büschel, die auf Fruchtkörper schließen lassen. Von nun an beschleunigt sich das Wachstum der Fruchtkörper, wodurch man die beeindruckenden Fruchtkörper gut beobachten kann. Nach wenigen Tagen sind sie auch schon erntereif, wenn sich die Ränder der Häubchen leicht nach oben beugen. Geerntet werden sie in Büscheln, indem man sie leicht drehend oder ziehend vom Subtrat trennt und nun essen kann.  
  
====== Entsorgung ======
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==== Entsorgung ====
 
Im Sinne der Nachhaltigkeit bietet es sich einfach an, das nun vom Myzel vorzersetzte Substrat auf dem eigenen Kompost dem Garten zuzuführen.  
 
Im Sinne der Nachhaltigkeit bietet es sich einfach an, das nun vom Myzel vorzersetzte Substrat auf dem eigenen Kompost dem Garten zuzuführen.  
  
 
Bevor das Substrat in der Biotonne landet, bitte unbedingt vom Plastikbeutel trennen und diesen separat entsorgen.
 
Bevor das Substrat in der Biotonne landet, bitte unbedingt vom Plastikbeutel trennen und diesen separat entsorgen.

Aktuelle Version vom 9. April 2021, 16:40 Uhr

Frisch geerntete Austern-Seitlinge.

Der Austern-Seitling (Pleurotus ostreatus) zählt zur Familie der Seitlingsverwandten und zählt zu den drei wichtigsten Speisepilzen, neben Shiitake und Champignongs. Als Schwächeparasit kann man ihn im Herbst in heimischen Wäldern sammeln und genießen, aber auch in den eigenen vier Wänden ist seine Kultivierung unkompliziert.

Der außerordentliche Geschmack bringt Feinschmecker:innen ins schwärmen. Obwohl die Fruchtkörper natürlich vegan sind, erinnert die Konsistenz, aber vor allem der Geschmack selbst, an zärtlichstes Kalbfleisch. Nicht umsonst trägt dieser Pilz unter Kennern auch den Namen "Kalbfleischpilz".

Kultivierung

Da sich in der Umgebungsluft unzählige Sporen verschiedenster Schimmelpilze finden, hat hygienisches Arbeiten höchste Priorität bei der Kultivierung von essbaren Pilzen. Um nicht gleich in teure Luftfilter, die vorhandene Sporen rausfiltern können und einen recht teuren Dampfdruchkochtopf zu kaufen, mit dem das Substrat sterilisiert werden kann, zu investieren, eignet sich der Austern-Seitling, um erste Erfahrungen in der Kultivierung von essbaren Pilzen zu erlangen.

Generell gilt dieser als sehr konkurrenzstark und kann unter Umständen auch gegen die ein oder andere bereits sichtbare Kontamination von Schimmelpilzen ankommen und diese unterdrücken. Sein aggressives und zügiges Myzelwachstum entzieht diesen die Nahrungsgrundlage.

Pilzbrut

Pilzbrut ist das Ausgangsmaterial, mit dem man das Substrat impft. Von diesem geht das Myzel auf das Substrat über. Beziehen kann man es unkompliziert vom Internethandel oder vom Pilzzüchter des vertrauens.

Um Körnerbrut herzustellen nutze ich Weizenkörner, da ich diese am einfachsten beziehen kann. Über Nacht weiche ich diese in Wasser ein, spüle die Körner in einem Sieb am nächsten Morgen ab und koche anschließend die Weizenkörner im Wasser. Eher aus nostalgischen Gründen füge ich einen Teelöffel Gips hinzu und Rühre ab und an die kochende Brut im Topf. Ist das Wasser verkocht und beginnen die Körner im Topf zu "knistern", nehme ich ihn vom Herd und fülle die noch heißen Körner in einen Druckverschlussbeutel. Diesen verschließe ich möglichst luftarm und lasse die Körner darin auskühlen. Sobald die Körner Zimmertemperatur erreicht haben, werden sie nun mit älterer Körnerbrut beimpft und werden an einem dunklen und warmen Ort gelagert, bis die neue Körnerbrut durchwachsen und einsatzbereit ist.

Substrat

Der Austern-Seitling ist recht anspruchslos. Durch seine Fähigkeit Lignin, Cellulose und Hemicellulose aufzupsalten und als Nahrungsgrundlage nutzen zu können, wächst er auch auf alten (Laub-)Holzstämmen, wobei es dort deutlich länger dauert ehe dieser Fruchtkörper ausbildet.

Schneller und nachhaltiger, ganz im Sinne des Upcycle'ns, lassen sich auch Stroh, Kaffeesatz und sogar alte Pappkartons verwenden.

Kaffeesatz wird prinzipiell auch durchwachsen, jedoch stellen dabei Kontaminationen mit Schimmelpilzen ein größeres Problem dar. Dies lässt sich verhindern, wenn der Kaffeesatz vor Beimpfung mit dem Pilz sterilisiert wird in Kombination mit einer möglichst sauberen und hygienischen Arbeitsweise. Da dies für die schnelle und unkomplizierte Umsetzung zu Hause eher etwas für Liebhaber:innen ist, soll im Weiteren auf Stroh und Pappkartons als Pilzsubstrat eingegangen werden.

Stroh

Stroh beziehe ich aus einer alten Scheune meiner Eltern, aber auch der/die Landwirt:in von nebenan kann sicher aushelfen. Auch der Kleintierbedarf im Supermarkt bietet üblicherweise Stroh an, üblicherweise pelletiert, was für die Pilzzucht sogar vorzüglich ist, da in diesen Pellets praktisch keine Luft eingeschlossen ist, im Gegensatz zu den innen hohlen Strohhalmen.

Das Stroh (Halme, keine Pellets) wird nun für 48 Stunden mit Wasser bedeckt und eingeweicht, ehe es für weitere 24 Stunden abtropft. Danach wird dieses Stroh möglichst dicht in einen Beutel gepackt, dafür verwende ich einen Bratenschlauch. Dabei ist es wichtig aufzupassen, dass der Beutel nicht einreißt. Zwischendurch gibt man immer wieder Myzel hinzu und beimpft so das Stroh mit dem Austern-Seitling. Den Bratenschlauch verschließe ich mit einem Kabelbinder. Eher nach Gefühl schlitze ich nun ca. ein Zentimeter große Öffnungen mit einer Schere oder spitzem Messer in die Folie, die ich anschließend doppelt mit Micropore-Tape verschließe. Da der Pilz CO2 produziert, ist es wichtig, dass dieses entweichen kann. Durch die doppelte Lage des Micropore-tapes wird zudem der Eintritt von Außenluft und damit Sporen anderer Pilze vermieden.

Pappe

Lebensmittel aus Pappe herzustellen war die Grundidee dieses Substrates. Ich nutze eigentlich alles, was sich so ansammelt: alte Kartons, Eierkartons, Papprollen aus dem Haushalt... Lediglich auf bedruckte Pappe verzichte ich weitestgehend.

Pappe lässt sich deutlich einfacher vorbereiten als Stroh. So lege ich sie über Nacht, manchmal auch nur für wenige Minuten, in ein Wasserbad bis diese durchweicht ist. Danach drücke ich sie leicht aus und fülle sie in einen Druckverschlussbeutel, wofür sich natürlich auch jeder andere Beutel eignet, solang man ihn verschließt. Etwas trügerisch scheint hier die Einstellung der Restfeuchte zu sein, so ist die Pappe - zumindest bei mir - ab und an zu trocken, was das Myzelwachstum verlangsamt: Versuche, sie über Nacht abtropfen zu lassen (wie das Stroh) laufen noch.

Myzel des Austern-Seitlings, ausgehend von Körnerbrut (Weizen) auf Pappe

Auch hier wird ab und an das Myzel zugegeben und die Pappe so geimpft.

Wachstum und Ernte

Wurde der Beutel nun so vorbereitet, legt man diesen am Besten an einen möglichst dunklen, aber warmen Ort ab, bis das Myzel das Stroh durchwachsen hat. Die Pilzstämme, die im Handel erhältlich sind, sind in der Regel nicht mehr auf einen Kältereiz angewiesen um zu fruktifizieren. Hat das Myzel das Substrat also durchwachsen und sind keine Kontaminationen erkennbar, öffnet man den Beutel an einer Stelle mit einem scharfen und desinfizierten Messer, sodass Luft an das Substrat gelangen kann. Alternativ kann auch das Micropore-Tape gelöst und der Schlitz etwas vergrößert werden. Wichtig ist nun, für eine Frischluftzufuhr und Belichtung zu sorgen und gleichzeitig eine hohe Luftfeuchtigkeit zu halten. Je nach Beutelgröße eignet sich dafür ein Zimmergewächshaus, in dessen Boden man die Tüte mit der Öffnung, aus der die Fruchtkörper wachsen sollen, nach oben oder zur Seite legt bzw. stellt. Der durchsichtige Deckel wird von innen mit Wasser eingesprüht und dies möglichst oft am Tag. Unterstützend kann sich auch etwas Wasser im Boden des Gewächshauses befinden, welches durch den Beutel vom Pilzsubstrat getrennt ist. Da der Pilz während seines Wachstums Kohlenstoffdioxid produziert und dieses nun über die Öffnung in den Raum gelangt, ist es wichtig, dass die Öffnung oberhalb des Randes des Bodens des Zimmergewächshauses ist, sodass die Fruchtkörper möglichst wenig mit dem Kohlendioxid, welches schwerer ist als Luft, in Berührung kommt.

Nach einiger Zeit bilden sich die ersten Büschel, die auf Fruchtkörper schließen lassen. Von nun an beschleunigt sich das Wachstum der Fruchtkörper, wodurch man die beeindruckenden Fruchtkörper gut beobachten kann. Nach wenigen Tagen sind sie auch schon erntereif, wenn sich die Ränder der Häubchen leicht nach oben beugen. Geerntet werden sie in Büscheln, indem man sie leicht drehend oder ziehend vom Subtrat trennt und nun essen kann.

Entsorgung

Im Sinne der Nachhaltigkeit bietet es sich einfach an, das nun vom Myzel vorzersetzte Substrat auf dem eigenen Kompost dem Garten zuzuführen.

Bevor das Substrat in der Biotonne landet, bitte unbedingt vom Plastikbeutel trennen und diesen separat entsorgen.