Bioökonomie-Adventskalender-Türchen

1. Dezember 2020

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© Daria Chrobok, DC SciArt

Pflück auf! Bergbau mit Pflanzen statt Spitzhacken

Organismus: Pflanzen

Anwendungsgebiet: Rohstoffgewinnung, Recycling

Rohstoff: Nickel

Zeithorizont: Gegenwart

Nickel ist ein Metall, dass in einer Vielfalt von Produkten zu finden ist, so zum Beispiel in Edelstahl, Batterien oder in E-Gitarrensaiten. Bisher musste eine Lagerstätte circa 30 g Nickel pro Kilogramm Gestein enthalten, um wirtschaftlich tragbar zu sein. In den letzten Jahren schwinden die Nickelvorkommen zusehends und auch schlechtere Quellen um 9-10 g/kg werden inzwischen erschlossen. Dabei gibt es eine bisher ungenutzte Quelle für Nickel und zwar Industrieschlacken, die als Abfallprodukt größtenteils einfach in Deponien verschwinden, obwohl sie oft mehr Nickel enthalten als konventionelle Erze. Die Frage ist nur wie man es schafft, das Nickel kostengünstig und umweltfreundlich aus diesen Schlacken zu isolieren, denn bisher sind die meisten Methoden energie- und kostenintensiv.

Ein Kreuzblütler (zu dieser Pflanzenfamilie gehören auch Kohl und Raps) mit dem kryptischen Namen Odontarrhena chalcidica könnte eine Lösung für diese Frage bieten: Odontarrhena ist nämlich ein besonderer Typ von Pflanze, ein sogenannter Hyperakkumulator. Also eine Pflanze, die besonders große Mengen einer Substanz (in diesem Fall Nickel) aus dem Boden aufnimmt und speichert. Dieser Stoff kann dann aus der Biomasse zurückgewonnen werden.

Odontharrhena wurde bereits auf Schlacken der Nickel-Industrie erprobt. Eigentlich sind Schlacken für Pflanzen eine toxische Umgebung. Damit dieser Sondermüll überhaupt bewohnbar wird, muss er zunächst vorbereitet werden zu einem “Technosol”, einer Mischung aus Schlacke und einer Matrix (bspw. Sand), deren pH und Salzkonzentration eingestellt wird. Im Gewächshaus konnte Odontharrhena auf diesen Technosolen wachsen und es war möglich 1-2% Nickel pro kg Trockenmasse zu isolieren, eine Konzentration, die als ökonomisch tragbar gilt für Phytomining Ansätze, also der Gewinnung von Metallen mittels Pflanzen. Während Odontharrhena bisher noch in Gewächshäusern und Laborbedingungen wächst, sind bereits praktische Ansätze im Feld mit anderen Pflanzenarten in Erprobung so bspw. in tropischen Regionen wo 200-300 kg Nickel pro Hektar gewonnen werden konnten (Nkrumah et. al. 2019, https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0375674218302620). Damit ist Phytomining ein spannender Ansatz, für das Recycling der Zukunft.


Tognacchini et. al. (2020), “Nickel phytomining from industrial wastes: Growing Nickel hyperaccumulator plants on galvanic sludges” https://doi.org/10.1016/j.jenvman.2019.109798

Rasico & Navari-Izzo (2011) “Heavy metal hyperaccumulating plants: How and why do they do it? And what makes them interesting?” https://doi.org/10.1016/j.plantsci.2010.08.016