Bioökonomie-Adventskalender-Türchen

1. Dezember 2020

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© Daria Chrobok, DC SciArt

Ein biobasiertes Weihnachtsfest

Organismus: s. unten

Anwendungsgebiet: Weihnachten

Zeithorizont: Zukunft

Es ist ein grauer Dezembermorgen – es ist nicht besonders kalt, Schnee hatten wir schon länger nicht mehr. Aber dafür regnet es, in Strömen. Während ich noch meinen Kaffee (naja eigentlich eher Hefe-Koffeeindrink) mit Hafermilch genieße, entscheide ich mich gegen meine neue bunte Jacke aus Ananas-Leder, gefärbt mit Bakterienblau. Es wird wohl die Regenjacke, beschichtet mit Pilzproteinen. Es ist Heilig Abend, draußen ist trotz des schlechten Wetters viel los, denn viele wollen noch einkaufen. Zum Glück habe ich das schon erledigt, da ich noch einmal zur Arbeit muss. Mit dem Elektrobus, der auf einer festen Strecke aus selbstheilendem Asphalt fährt, angetrieben durch organische Kondensatoren aus Eierschalen geht es in einem Biotech-Park. In dessen Herzstück, einer hauptsächlich aus Holz erbauten, zirkulären Bioraffinerie, befindet sich mein Arbeitsplatz. Ich muss noch einmal nach dem rechten sehen, bevor es in die Feiertage geht. Hier läuft alles zusammen, alle Reststoffe aus Kantinen, Abwässer aus den Industrieanlagen – die Schadstoffe werden mit Hilfe von Mikroorganismen aufgespürt und entfernt, sogar Radioaktivität ist kein Problem. Aus den verwertbaren Reststoffströmen werden hochwertige Stoffe direkt extrahiert. Daraus machen Algen und andere Mikroorganismen unter anderem meinen Kaffee, Stoffe wie Vanillin oder Protein. Alles läuft, das meiste ist inzwischen ja sowieso automatisiert. Wieder zu Hause packe ich noch die Geschenke ein, unter anderem einen Ohrring aus Metallen, die durch Phytomining aus belasteten Böden gewonnen wurden. Bevor wir uns in dem warmen, trockenen Holzhaus meiner Eltern zu Essen zusammenfinden, gehen wir gemeinsam zum Grab meiner Großeltern – mitten in einem Ruheforst liegen sie fernab der Stadt und haben in einem Sarg aus Pilzmyzel ihre letzte Ruhe gefunden. Und sind nun wahrscheinlich längst wieder ein Teil des Ökosystems im Waldboden geworden. Der Regen hat inzwischen aufgehört, aber es tropft noch von den Pflanzengeflechten, die den – im wörtlichen Sinne – Großstadtdschungel mittlerweile prägen. So lassen sich die immer heißeren Sommer besser ertragen und viel Strom für Klimaanlagen sparen, aber auch im Winter halten sie die Wärme und schützen vor starkem Wind. Endlich im Warmen angekommen, gibt nun Essen – Gemüse aus dem hydroponischen Garten, dazu falsche Ente aus Algenprotein – und zum Anschluss eine vegane Hefe-Käseplatte. Das Weihnachtsfest lasse ich nun im Kreise meiner Familie ausklingen und wünsche auch euch frohe Weihnachten.