Bioökonomie-Adventskalender-Türchen

1. Dezember 2020

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© Daria Chrobok, DC SciArt

Von der Biotonne in den Smoothie

Organismus: Algen

Anwendungsgebiet: Lebensmittel, Recycling

Rohstoff: organische Reststoffe

Zeithorizont: nahe Zukunft

Lebensmittelabfälle als Nahrungsmittel wiederverwerten – ist das nicht eklig, unhygienisch und gerade in Zeiten von Covid-19 undenkbar? Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es vor allem eklig, in erster Linie aber problematisch für Umwelt und Klima, dass in Städten solch große Mengen von Lebensmittelabfällen überhaupt erst anfallen - allein in Berlin täglich etwa 2200 Tonnen. Diese werden oft über weite Strecken transportiert und dann entweder verbrannt oder durch Kompostierung weiter entwertet. Dabei stecken in den Abfällen noch viele hochwertige, sekundäre Pflanzenstoffe und viel Energie in Form von Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten. Um dieses Potential weiter zu nutzen, wurde für den diesjährigen Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung „Urbane Bioökonomie“ ein Konzept entwickelt, das in einer container-basierten Minibioraffinerie direkt am Ort des Geschehens, z.B. einer Kantine oder Mensa, die entstehenden Abfälle in hochwertige Rohstoffe umwandelt. Dabei werden mit einer chemisch-mechanischen Extraktionstechnologie zunächst hochwertige Inhaltsstoffe wie Antioxidantien gewonnen. Die Reste der gemischten Lebensmittelabfälle werden zur Kultivierung gesundheitlich unbedenklicher und proteinreicher Mikroalgen der Art Galdieria sulphuraria im Inneren eines Bioreaktors, dem Herz der Bioraffinerie, genutzt. Die Algen wachsen bei hoher Temperatur und niedrigem pH-Wert, die Abfälle werden hierdurch hygienisiert. Anschließend können die Algen dann komplett als Lebensmittel, als Rohstoff für die Lebensmittelherstellung oder industrielle Anwendungen genutzt werden. Diese sogenannte “Waste-to-Resource-Unit” kann damit im städtischen Umfeld die Herstellung von Nahrungsmitteln ermöglichen und verwertet dabei gleichzeitig einen Teil der anfallenden Reststoffe. So gesehen wäre so ein Algen-Smoothie frisch und nachhaltig in der Mensa hergestellt vielleicht gar nicht so schlecht, oder?